Zuwanderungs- und Bauboom im Oberwallis?

Am 30. Mai 2021 berichtete die Sonntagszeitung in einem interessanten Beitrag (-> Paywall) von einer hohen Zuwanderung und einem Immobilienboom in der Kleinstadt Visp, ausgelöst durch die vielen neu geschaffenen Arbeitsplätze der Firma Lonza. Die Lonza beschäftigt in Visp zur Zeit mehrere Tausend Arbeitnehmende.

Kann eine einzelne Grossfirma eine ganze Region mit ca. 65’000 EinwohnerInnen (MS-Regionen Visp und Brig) prägen oder sogar verändern – sei es bezüglich Infrastruktur oder Immobilienpreise – haben wir uns dabei gefragt. Und besteht diesbezüglich ein Klumpenrisiko? Die jetzige Antwort auf beide Fragen lautet: «Zum Glück noch nicht.»

Anhand von einigen Daten (Neu erstellte Wohnüberbauungen, öffentliche Statistik) und Fakten wollen wir dieser Frage etwas genauer auf die Spur gehen. Als Vergleichsgemeinde ziehen wir die Stadt Brig hinzu, die im Gegensatz zum industriell geprägten Visp mit seinen Sehenswürdigkeiten und Freizeitangeboten (Stockalperpalast, Thermalquellen Brigerbad) auf den hauptsächlich inländischen Tourismus ausgerichtet ist.

IndikatorGemeinde VispGemeinde Brig-Glis
Ständige Wohnbevölkerung (2019)7’85912’766
Bevölkerungsentwicklung (Durchschnitt letzte 5 Jahre)1,4%0,6%
BFS-GemeindetypStädtische Industriegemeinde einer kleinen Agglomeration
(Brig – Visp – Naters)
Städtische Tourismusgemeinde einer kleinen Agglomeration
(Brig – Visp – Naters)
Arbeitsstätten (2018)7711’150
Beschäftigte (2018)9’8889’945
Reisezeit nach Bern (ÖV)00:5701:06
Reisezeit nach Bern (MIV)ca. 01:55ca. 02:05
Reisezeit nach Lausanne (ÖV)01:3301:42
Reisezeit nach Lausanne (MIV)ca. 01:40ca. 01:50
Neu erstellte Wohnungen pro Jahr (Durchschnitt 2014-2018)9961
Netto-Wohnungsmietpreis pro m2 und Jahr (Median letzte 3 Jahre, Neubau)CHF 216.- (N = 63)CHF 214.- (N = 120)
Netto-Wohnungskaufpreis pro m2 (Median letzte 3 Jahre, Neubau)CHF 4’688.- (N = 35)CHF 4’964.- (N = 15)
Anzahl Hotel-Betriebe (2020)ca. 4ca. 12
Anzahl Logiernächte (Durchschnitt letzte 5 Jahre)n/aca. 140’000

Neubautätigkeit, Bevölkerungsentwicklung und Zuwanderung

Sowohl in Visp (Arnikaweg, Bäret, InWest, Jasminum, Nelkenweg, Visp City) wie auch in Brig (Bachhalte, Briggasse, Dreipark, Neue Gliserallee, Weitsicht Glis) gab es in den letzten Jahren einige grössere Neubauprojekte, was sich in der Bevölkerungsentwicklung widerspiegelt. Dabei ist Visp prozentual stärker gewachsen. Von einem allgemeinen Bevölkerungs- und Bauboom in der Region kann aber (noch) nicht die Rede sein. Während in Visp sowohl auf Eigentums- wie auch auf Mietwohnungen gesetzt wird, überwiegt in Brig der Neubau von Mietwohnungen. Visp verzeichnete in den letzten Jahren einen Anstieg bei der internationalen Zuwanderung, wobei diese Zahlen aufgrund von Aufenthaltsstatus-Wechseln mit Vorsicht zu interpretieren sind. Ansonsten waren die Zu- und Wegzüge in beiden Gemeinden über die letzten Jahre hinweg stabil.

Infrastruktur

In beiden Gemeinden befindet sich ein Ableger des Spitalzentrums Oberwallis. Im Jahr 2019 wurde in Visp die Lonza Arena eröffnet, die hauptsächlich als Eishockeystadion, aber auch als Eventhalle genutzt wird (Kapazität für 5’150 ZuschauerInnen). Bezüglich Hotellerie und Kindertagesstätten ist Brig dagegen deutlich besser aufgestellt. Ein Bauboom für Infrastruktur ist jedoch nicht zu erkennen. Ein Grund dafür ist der verzögerte Bau der Autobahn A9 von Sierre nach Visp. Im Moment wird das Spital Brig neu- und umgebaut, das Spital Visp soll zukünftig umgenutzt werden.

Immobilienpreise

Die Sonntagszeitung weist jährliche Mietpreise pro m2 (für alle Wohnungen auf dem Markt) von ca. 180.- bis 185.- für Visp und ca. 165.- bis 170.- für Brig aus (Quelle: Wüest Partner). Ob es sich dabei um Netto- (ohne Nebenkosten) oder Bruttomietpreise (mit Nebenkosten) handelt, ist unklar. Unsere Auswertung für Neubauwohnungen ergab jährliche Nettomietpreise pro m2 von 216.- für Visp und 214.- für Brig, also Werte, die ca. 20% – 25% höher liegen. Für neue Wohnungen im Stockwerkeigentum werden pro m2 Wohnfläche ca. 4’700.- in Visp und knapp 5’000.- in Brig bezahlt. Sowohl für Wohnungen im Stockwerkeigentum als auch zur Miete scheinen die Preise (noch) stabil zu sein.

Zukünftige Entwicklung der Region

Das Bundesamt für Statistik geht für den Kanton Wallis bis ins Jahr 2050 von einer unterdurchschnittlichen Bevölkerungsentwicklung aus. Aus regionaler Sicht dürften kleinere Zentren (wie es Visp und Brig sind) moderat wachsen (abhängig von lokalen Begebenheiten wie Infrastruktur und Arbeitsplätze). Dabei handelt es sich um einen Trend, der in der ganzen Schweiz zu beobachten ist. Die Region Oberwallis wird sich jedoch grundlegend nicht so schnell verändern und sich als Wintertourismus-Region (in den Seitentälern) und als Wohn- und Arbeitsregion im Haupttal bewähren.

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